Mit seinem gutmütigen Brummeln lässt er Herzen höher schlagen. Seine treuen Augen sind verführe- risch. Der Großvater aller Autos macht nicht nur
eingefleischte Fans ganz nervös. Es gibt wohl kaum ein liebenswürdigeres Auto auf der Welt. Der VW-Käfer lebt – auch wenn er nicht mehr produziert wird. 1500 bis 1800
Stunden hat Egon Hermann an seinem VW-Käfer, Baujahr 1959, herumgeschraubt. Er hat das gute Stück selbst in seine Einzelteile zerlegt und wieder zusammengebaut, nur die Polster und die
Karosserie hat er pro- fessionell herrichten lassen. Die Mühe hat sich gelohnt – heute steht das 30 PS starke Gefährt wieder glänzend und „wie original” da. Mit
rund 330 Fahrzeugen ist das diesjährige Käfertreffen auf dem Celler Schützenplatz so gut besucht wie nie zuvor. Carsten Meyer, Pressesprecher und Vorstandsmit- glied des Käfer Club Celle
weiß, was das diesjährige Treffen so beson- ders macht: Der Produktionsstopp des traditionellen Autos lockt die Besucher auf den Platz. Aus der Traum vom neuen Käfer – die Pro-
duktionsmaschinen schweigen seit kurzem auch im Ausland. Die Stim- mung auf dem Schützenplatz war deswegen keineswegs depressiv. „Wir freuen uns alle umso mehr, dass wir einen haben und
lassen die Legende auch künftig weiterleben”, sagt Meyer.
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Dass es den Mythos Käfer auch weiterhin geben wird, scheint wahr- scheinlich. „Es gibt immer noch mehr Leute, die ihre Liebe zum Käfer entdecken”,
erzählt Holger Bastian in seinem Verkaufsstand für Tacho- meter. Trotzdem habe sich bei den Käferfans etwas getan. „Früher ging es eher darum, die Fahrzeuge zu tunen, heute suchen die
Leute wieder mehr nach Originalteilen”, erklärt er.
Trotz den Anzeichen, die für einen wohl nie endenden Käfermythos sprechen, war gestern für Britta Müller der Tag des
Käfer-Ab- schieds. Nach 13 Jahren intensiver Wagenliebe hat sie sich „mit Herz- schmerz” von ihren zwei Volks- wagen, Baujahr 1970 und 1979, getrennt. Ihre Liebe für die Fahr- zeuge
hat sie allerdings behalten. „Jeder Käfer hat ein Gesicht und das Fahrgefühl ist einfach anders als in einem neuen Auto”, schwärmt sie. Florian Wichniarz dagegen hat
seine Käfer-Karriere gerade erst begon- nen. Vor zwei Jahren hat er angefan- gen, sein Schmuckstück aus dem Jahr 1969 umzubauen. Heute hat das Gefährt eine Nebelanlage, Audi-Tür- griffe,
besondere Reifen und eine 3000-Watt-Musikanlage. Nur den Motor will sich Wichniarz noch vor- nehmen, denn aus den 50 PS sollen bald mehr werden. Da ist Holger Strusz
schon weiter. 120 PS hat sein Käfer, Baujahr 1974, unter der Haube. Ein Busmotor macht‘s möglich. Auch er hat sein Fahrzeug
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Nostalgie in Reih und Glied: Knuddelig rund und mit gutmütigem Blick lässt der Käfer Sammlerherzen seit Jahrzehnten höher schlagen.
– wie Egon Hermann – nach dem Kauf komplett zerlegt und selbst wieder zusammengebaut. Nur ist sein VW
heute nicht mehr „wie original”, sondern mit offenem Motor weitaus sportlicher als noch vor Jahren. Die weiteste Anreise zum Käfertreff hatte ein Ehepaar aus Holland: 450
Kilometer sind die beiden mit einem Campingbus aus dem Jahr 1977 angereist. Und noch eine Zahl: Der Käferclub aus Wolfsburg war mit 17 Fahrzeugen am stärksten vertreten. Als
schönster Käfer wurde übrigens ein grünes Cabrio Modell 1303 prämiert. Die Legende Käfer lebt – trotz Produktionsstopp.
Ralf Liptau 03.08.2003
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